Nachtaufnahmen ohne Stativ ?

Wer sich abends auf den Weg macht, mit der Absicht, Nachtaufnahmen zu fotografieren, wird wahrscheinlich ein Stativ einpacken und sich zur rechten Zeit an den rechten Ort begeben, eine niedrige Empfindlichkeit an der Kamera einstellen und mehrere Sekunden belichten, möglichst in HDR-Technik. So entstehen interessante Bilder mit optimaler Qualität. (Bild 1)

Bild 1
Stativaufnahme
ISO 100, HDR-Technik
(Tivoli, Kopenhagen)

Doch auf Reisen läßt sich das nicht immer so einfach planen. Oft befindet man sich zur 'Blauen Stunde' plötzlich an Orten, deren magische Beleuchtung man unbedingt festgehalten möchte. Erst recht, wenn man weit gereist ist und nicht gleich wieder an diesen Ort gelangt.

Wir wollen deshalb testen, ob man auch ohne Stativ zu brauchbaren Aufnahmen kommt. In Bild 2 sind zum Vergleich der Aufnahmetechniken zwei Ausschnitte aus einer Nachtaufnahme markiert (grüne Rahmen).




Bild 2
Bildausschnitte
zum Vergleich


Die nachfolgenden Teilbilder zeigen diese Ausschnitte jeweils in 100%-Darstellung für verschiedene Aufnahmetechniken.
Als Referenz dienen die Bilder 2a/2b: klassische Belichtung mit Stativ 2 Sek., Einzelaufnahme, ISO 100, Standard-Nachbearbeitung im RAW-Konverter. Die Flächen, vor allem im Himmel, sind geschlossen, die Kantenschärfe ist gut.



Bei den Aufnahmen ohne Stativ wurde nun zunächst die Empfindlichkeit höher eingestellt, im vorliegenden Fall auf ISO 6.400. Zum besseren Vergleich sind die Bilder 3a/3b zunächst der gleichen Nachbearbeitung unterzogen worden wie die Referenz-Bilder. Das Ergebnis, vor allem in Bezug auf die glatten Himmelsflächen ist weitestgehend unbrauchbar.
Die gleiche Aufnahme wurde nun einer weiteren Nachbearbeitung in Bezug auf Entrauschen und Nachschärfen unterzogen (Bilder 4a/4b). Das Bild läßt sich so noch deutlich verbessern, reicht aber nicht an die Qualität der Stativaufnahme heran. Ein Ausdruck in Postkartengröße, oder eine Full-HD Bildschirm-Darstellung wäre aber damit durchaus noch denkbar.
Diese Tatsache, durch Herunterrechnen der Bildgröße, Rauschen und Schärfe zu verbessern, führt nun zu der Überlegung, es mit der Stitch-Technik zu versuchen. Bilder 5a und 5b sind größenvergleichbare Ausschnitte (also keine 100%-Darstellung, sondern auf die gleiche Ausschnittsgröße heruntergerechnet) einer aus 14 Teilbildern zusammengesetzten (gestitchten) Gesamtaufnahme. Das Ergebnis ist überraschend. Dieses Bild kann durchaus mit der Referenz-Aufnahme (Stativ) mithalten. Das Rauschen läßt sich zwar durch das Herunterrechnen nicht ganz beseitigen, dafür ist aber die Kantenschärfe sogar noch etwas besser. Allerdings ist der höhere Aufwand beträchtlich. Da die einzelnen Teilbilder 'Freihand' erfolgen, muß auf deutliche Überlappung bei der Aufnahme geachtet und mit erheblichem Randbeschnitt bei der Bearbeitung gerechnet werden. Die nach dem Stitchen der 14 Teilbilder zur Verfügung stehende Fläche ist deshalb höchstens 8mal so groß wie ein Einzelbild.

Fazit: Wer den Aufwand nicht scheut, und auf unwiederbringliche Aufnahmen nicht verzichten möchte, kann durch Anwendung der Stitch-Technik durchaus nachts auch ohne Stativ qualitativ hochwertige Bilder erzeugen. Für Aufnahmen in geringer Größe, z.B. Postkarte 6x4inch, oder für Bildschirm-Darstellungen ist dieser Aufwand nicht notwendig. Bei Live(Action)-Aufnahmen von bewegten Objekten kann die Stitch-Technik ohnehin nicht angewandt werden. (Bild 5)





Bild 5
ISO 3.200
1/50 Sek., f5.6
(Wasserlichtkonzert, Hamburg)


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